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Lotta lehrt uns: „Das ist in der Branche oberster Ehrenkodex: Du kackst nicht im Tourbus!“
Lotta lehrt uns: „Das ist in der Branche oberster Ehrenkodex: Du kackst nicht im Tourbus!“
Eben in der Kneipe hatten sie uns eine Art Alleinunterhalter in den Fünfzigern aufgetischt und großspurig als Livemusik beworben. Der sah aus wie ne Mischung aus Helge Schneider und Fips Asmussen und klang wie eine Mischung aus Carlo von Tidemann und Blechbüchse. Zu allem Überfluss hat er sich dann auch noch beklagt, dass niemand so recht abgegangen ist, als er „Ice Ice Baby“ zu den Tönen aus seiner billigen Drum Machine gerapt hat. Mit dieser Stadt geht es bergab.
Ich war gestern auf nem Blind-Guardian-Konzert. Das hat immer irgendwas sentimentales. Die Band hör ich schließlich schon seit über 15 Jahren. Und selbst damals waren die schon „alt“. Aber es hat sich in mir doch irgendwie das Bild von den langhaarigen Klischeemetallern von damals eingebrannt. So war ich dann doch etwas verstört, als nur zwei von denen so aussahen. Zwei hatten sogar ne Glatze. Und einige sahen sogar aus wie Normalsterbliche.
Das Publikum war dafür ganz nach Vorstellung. Metaller von 12 (inklusive elterliche Begleitung) bis 60. Ich bin ja nicht so mit Metal-Klamotten bestückt und hab deshalb zur Tarnung mein „Old-Gods-Of Asgard“-Shirt angehabt. Mein Begleiter hatte nicht mal das, er versuchte es mit einem alten Undertaker-Shirt.
Musik war jedenfalls geil, auch trotz King Hansis Geheimratsecken. Selbst die Vorband, Steel Wing oder so, gefiel mir ausgesprochen gut. Die sahen ein bisschen aus wie Manowar in jungen Jahren.
Ich schrieb heute meine letzte Klausur für dieses Semester. Allerdings unter erschwerten Bedingungen: Etwa 500 Meter Luftlinie entfernt suchte sich „Fettes Brot“ genau diese zwei Stunden für einen ausgiebigen Soundcheck aus. Petrus erbarmte sich dann irgendwann unser und machte dem Spuk mit einem anständigen Gewitter ein Ende. Sowas.
Folknacht war wieder. Ich finde immer diese Publikumsmischung da so interessant, da läuft nämlich sowohl das spießbürgerlicher Bildungsbürgertum auf, als auch Gothic- und Mittelalterfreaks. Und ob das mit den Feuerschutzrichtlinien des Zollhauses konform ging, dass Rapalje am Ende die Fackeln rum wedelte und Feuer spuckte, weiß ich nicht. Aber gefiel wohl.
Und fliegen konnten sie auch:
Gestern war wieder die friesische Folknacht. Zum ersten Mal, seitdem ich dabei bin, musste das Ganze kurzfristig wegen Pisswetters vom Haneburghof ins Zollhaus verlagert werden. Außerdem fehlte bei Rapalje das Mädchen, das immer neben dem Takt tanzt, die „kleine Sekretärin„.
Aber DocDee hat sich königlich amüsiert. Wieder wen angefixt.
Ist mal jemandem in jüngster Zeit diese sonderbar hohe Festivaldichte in Ostfriesland aufgefallen? Als ob auf einem lange vernachlässigten Markt in seit ein paar Jahren dringend etwas aufgeholt werden. Wenn wir mal von dem misslungenem Festivalversuch in Bunde mit „Ostfriesland rockt“ (bezeichnenderweise traten da nu so kleine Popsternchen auf – keine Spur von Rock) absieht, dann haben wir immer noch das Mittdreißiger-Festival „Seaside Festival“ in Aurich, mit Bryan Adams und so, die mittlerweile allseits bekannten Festivals „Rock am Deich“ in Leer und „Omas Teich“ in Großefehn und nun auch noch ein recht interessantes Gothic-Festival in (passenderweise) Halbemond namens „Nebelmoor“. Hab ich was vergessen?
Mal wieder ein schönes Rapaljekonzert. Watn’n Spaß. Im Limit. Diesmal war auch das Mädel wieder da, das penetrant immer nicht im Takt tanzt.
Uke meinte sogar, sie könne nicht einmal im Takt klatschen. Aber daws muss ich eine Lanze für die junge Dame brechen. Wenn sie sich ausschließlich auf das Klatschen konzentrierte, dann ging das. Aber ansonsten… Doch mittlerweile bewundere ich das Mädel irgendwie. Früher ist mir die immer irgendwie ein wenig auf den Geist gegangen, aber jetzt finde ich es respektabel, dass man sich trotz seines offensichtlichen Mangels an Musikalität (oder nach Ukes Theorien: Taubheit, motorische Störung) nicht den Spaß an der Sache verderben lässt.
Uke fühlte sich bei einigen anderen Damen dagegen eher in den Zoo versetzt. Seiner Meinung nach sagen zwei Frauen wie Schildkröten aus, eine wie eine Qualle und noch eine wie ein Huhn. Meine Kusine Imke ist in ihren Beurteilungen das etwas realitätsgetreuer. Die neben dem Takt Tanzende bezeichnete sie zum Beispiel als „kleine Sekretärin“.
Heute erzählte Joachim uns ganz unvermittelt und stolz: „Auf dem Sziget-Festival war ich jeden Tag zweimal auf ’nem Dixi-Klo scheißen.“
Bravo, Joachim. Bravo.
Letzter „Rock-am-Deich“-Nachtrag: Das ernüchternde Ende kam auf meinem Rückweg. Um dem Stau der Masse zu entkommen, hatte ich mich bereits etwa 20 Minuten vor Konzert-Ende auf dem Heimweg gemacht.
Noch vor der Rathausbrücke quatschte mich ein Mitbürger südländischer Herkunft in mäßigem Deutsch an: „Ey hallo. Wird da Musik gespielt? Is was los?“
„Ja, aber das ist gerade die letzte Band, das lohnt nicht mehr.“
„Kost Eintritt?“
„Jo.“
„Dankschön.“
Da dröhnt 13 Stunden lang laute Rockmusik durch Leer und dem Kerl fällt das 15 Minuten vor Toresschluss auf.
Die Krönung war aber jemand, der kurz danach eine Weile vor mir her ging. Zunächst hielt ich das für eine besoffene junge Frau. Beim Näherkommen stellte sich allerdings heraus, dass dies ein besoffener junger Mann in Unterhosen war, der seine Blöße dadurch zu bedecken versuchte, dass er ein langes Seidentuch um seine Hüften geschlungen hatte und festhielt.
Ich war froh, als ich zuhause war.
Noch ein paar kleine „Rock-am-Deich“-Splitter:
– Hilko beschuldigte Joachim der Geheimnistuerei bezügliche seiner neuen (alten) Freundin. Zitat: „Dafür hab ich dich heute bei Warhammer lang gemacht!“
– Gerrit verzählt sich gerne mal beim Bierholen.
– DocDee steckte mir ein Feuerzeug in die Tasche und behauptete hinterher, ich hätte es gestohlen.
– Im Pressezelt war eine Barkeeperin, die sich furchtbar langweilte, weil die Presse nicht so durstig war, wie erwartet. Zitat: „Hat jemand ein Kartenspiel dabei?“
– Den Klann habe ich trotz seiner Mütze nicht entdecken können
– Man regte an auf dem Festival, dass ich hier mal erwähne, dass ich ja mittlerweile ein weiteres kleines Kusinchen habe: Marga-Marie. Zitat Kai: „Mit Knickohr.“
– Ich habe doch so einige ehemalige RZ-Praktikanten getroffen.
– An allen Ecken und Enden wurde ich gerüßt oder man brüllte mir „Ey Rheiderland!“ entgegen.
– Trotz meiner Höhenangst habe ich mich in den Dienst des Journalismus gestellt und bin mit dem Leiterwagen der Feuerwagen in luftige Höhen entschwunden.
Nicht vom „Rock am Deich“, aber trotzdem erwähnenswert: Vadder erwischte eines Nachmittags einen ausgewachsenen Mann auf dem Schulhof der Grundschule beim onanieren. Leute gibts aufm Fehn… (und auch sonstwo.)
Gestern also die vierte Ausgabe von Rock am Deich. Wetter blieb trocken, das war gut.
Musikalisch konnte man sich insgesamt auch ganz gut amüsieren. Ich persönlich mag ja zum Beispiel Dover ganz gerne. Und auch ne ganze Menge bekannter Leute hab ich getroffen.
Zwischendurch hatte ich allerdings Hilko und Moritz für einige Stunden aus den Augen verloren. Als ich sie dann wiederfand, stellte sich heraus, dass sie das Festivalgelände zwischendurch verlassen hatten, um eine kleine „Druckbetankung“ vorzunehmen.
Sie waren jedenfalls voll wie 1000 Russen, wie der Volksmund so schön sagt. Aber das muss dem Vergnügen ja keinen Abbruch tun. Wenn nicht Moritz im trunkenen Zustand ein gewisses Händchen dafür hätte, Unannehmlichkeiten anzuziehen… Wie dem auch sei, ich habe die folgende Begenheit ehrlich gesagt nicht ganz durchschaut, aber ich gebe es mal so wieder, wie es sich mir darstellte.
Hilko, Moritz, Gerrit und Joachim waren mit ein paar Mädels ins Gespräch gekommen. Irgendwann ist dann so ein Typ aufgetaucht, ebenfalls recht alkoholisiert. Der quatschte eins der Mädels an, war wohl ihr Ex-Freund oder so. Sie wollte jedoch nicht mit ihm reden und teilte ihm das mehrfach mit. Da er sich jedoch nicht wirklich zum gehen durchringen konnte, schalteten sich die Jungs nach und nach ein und Moritz muss dabei etwas unverschämt oder beleidigend oder was auch immer geworden sein.
Der Typ zog jedenfalls nach kurzem heftigen Wortwechsel wütend von dannen, jedoch nur, um wenig später mit ein paar Kumpels wieder aufzutauchen. Dem Mädel war das alles sehr peinlich, aber sie wollte immer noch nicht mit dem besoffenen Ex reden.
Als Moritz dann seinen Arm um das Mädel legte und mit ihr Richtung Bierstand verschwand, drohte die Situation einen Augenblick lang zu eskalieren. Nach kurzer Diskussion zog der Typ jedoch mit offenbar gebrochenem Herzen und Tränen in den Augen ab.
Hilko bewies derweil erstaunliches diplomatisches Geschick. Er verwickelte die beiden übrig gebliebenen Gestalten in ein Gespräch und klärte die Situation. Am Ende des Gesprächs ließen sich seine beiden Gegenüber sogar dazu hinreißen, zu beteuern, wie scheiße es doch, alles mit der Brechstange lösen zu wollen, wenn man vorher das Gespräch suchen könne.
Ich schlage Hilko hiermit für den Posten den Botschafters in Moskau vor.
Oh ja, Hurricane-Nachtrag: Gestern Abend auf dem Weg über den Campingplatz zum Auto dachte ich gerade, ich hätte es überstanden, als ein junger Mann mit deutlich erhöhtem Alkoholspiegel zielgerichtet auf mich zu hielt. Er stoppte mich mit einer bedeutungsschwangeren Handbewegung und fragte mich: „Weiß du wo die Turbojugend Coesfeld ist?“
In den folgenden Sekundenbruchteilen formten sich in meinem Kopf drei mögliche Antworten:
a) „Nein“
b) „Wahrscheinlich in Coesfeld.“
c) „Seit wann duzen wir uns?“
Ich entschied mich für die zugegebenermaßen langweiligste Antwort, nämlich a). Aber ich wollte so kurz vor Toresschluss nicht noch ein Unglück riskieren.
Er sagte daraufhin jedenfalls: „Ich nämlich auch nicht.“ Und zog von dannen.
Als ich vorhin den Pressebereich verließ, quatschte mich jemand an. Ob jetzt gehen würde, fragte er mich. Wenn ja, dann könne ich ihm ja meinen VIP-Ausweis überlassen. Er wolle auch mal umsonst saufen.
Was heißt da „auch“? Unverschämtheit.
Naja, auf gehts zum Endspurt. Die Ärzte. Ahoi
Uke war nun doch noch besoffen. Er hatte Probleme sich zu artikulieren („Ich geh jetzt Mirkro suchn“) und brauchte allein vier Versuche, um sich bei Blogger einzuloggen. Dann pöbelte er noch diverse Leute an und brachte fast eine junge Dame zu Fall, die ihn hinterher ganz erbost ansah.
Wenn das man heut Nacht kein Unglück gibt, wenn ich nicht mehr da bin.
Uke amüsierte sich vergangene Nacht prächtig über einen Herrn, der unweit von unsererm zelt mit allerlei lautstarkem Gebrüll auf sich aufmerksam machte. Neben den seit Jahren auf Festivals beliebten „Helga“-Rufen skandierte er er immer wieder Sprüche wie „Deine Mutter liegt besoffen vor Lidl!“ oder „Du hst drei Haare am Sack! Und eins davon pinkelt“ und immer wieder „Ich habe keine Freunde! Ich werde Polizist!“
Letzteres veranlasste Uke schließlich dazu zurückzubrüllen: „Ich habe keine Freunde, ich werde Feuerwehrmann.“ kam aber nur mäßig gut.
Musikalisch amüsiere ich mich derweil bei Ska-Musik von La Vela Puerca und Ska-P.
Ich fühl mich ein bisschen wie ein leicht anverdauter Kürbis. Und möchte gar nicht erst wissen, wie ich aussehe. Naja.
Gerade auf dem Zeltplatz haben wir den „König“ von vorgestern wieder gesehen. Er war zwar diesmal deutlich besoffener, dafür aber erfolgreicher: Er hatte einen Haufen Leute um sich geschart, die ihm in regelmäßigen Abständen zujubelten. Das quittierte er jedes Mal mit dem ethusiastischen Blasen einer quäkenden kleinen Tröte.
Merke: Treibe einen Haufen Leute für ein paar Tage unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen, dafür mit Musik und Alkohol zusammen und es bilden sich nach kurzer Zeit neue soziale Strukturen. Wenn man das hier noch ein oder zwei Wochen so weiterlaufen lassen würde, dann hätten wir wahrscheinlich irgendwann ein Kleinstaat mitten in Scheeßel. Und nach vier Wochen wären alle verhungert, es sei denn, sie jagen die Kühe auf der Weide.
System of a Down sind schon ziemlich geil. Bei der Gelegenheit und bei einer deutschen lieblingsangewohnheit – Rhythmisches Klatschen – fiel mir allerdings auf, dass einem Gutteil des Publikums entweder an einer gewissen Musikalität mangelt, oder dass motorische Störungen vorliegen. Aber was solls solang es Spass macht.
Das beste am VIP-Dasein sind ja die VIP-Klos. Nach normalen Maßstäben sind die zwar auch nicht sauber, aber nach Festival-Maßstäben sind die durchaus als luxuriös zu bezeichnen. Als Beispiel kann da etwa die Aussage von Ukes Kumpel Mirko gelten. Er berechtete heut, er habe am Morgen ein Dixi-Klo betreten, darin habe es ausgesehen, als sei jemand geplatzt. „Überall war Scheiße.“
Die Beatsteaks waren ganz grün. Das erinnerte weniger an Steaks als an Salat. (Und bevor hier jetzt dumme Kommentare kommen: Ich habe jemanden gefragt.)
Als ich just zu meiner Arbeit in den Fotograben eintrudelte, um Audioslave abzulichten, hörte ich als erste von einem offenbar wichtigen Herren: „Für die Nachzügler unter den Presseleuten: Nur zwei Lieder, dann raus!“ Nachzügler, sagte er. Dabei waren wir zehn Minuten vor offiziellem Beginn da.
Es dauerte allerdings noch länger, da erst eine beschädigte Absperrung repariert. Ein Sprecher versuchte mit der Durchsage „Bitte zwei drei Meter zurücktreten, dann wird alles gut“ die Menge zu beruhigen, erntete jedoch nur Pfiffe.
Hüben wie drüben der Absperrung versuchte man also, sich die Zeit zu vertreiben. Eine von den Fotographen-Kollegen erspähte einen Bottich mit Wasser und erzählte allen anderen: „Hier ist Erbsen-Suppe drin. Kost 12 Mark.“
Einer von den Security-Leuten widerlegte dies allerdings, als er einen Becher Wasser für eine entkräftete Dame im Publikum schöpfte: „Das ist keine Erbsen-Suppe, dass der ist der Ausfluss von der gutaussehenden Sanitäterin da vorne. Die wird immer so geil, wenn die uns sieht. Und das destilieren wird dann.“
Weiterhin sagte er immer, wenn einer von seinen Kollegen vorbeiwetzte: „Achtung! Sicherheit!“
Das Publikum hatte derweil irgendwoher einen Ball aufgetrieben und spielte damit herum. Schließlich flog der Ball aber zu uns herüber. Eben jener Security-Mann schnappte ihn jetzt und packte ihn mit überlegener Miene unter die Bühne. Die Pfiffe quittierte er mit einem grinsenden „Ihr könnt mich alle mal.“
Ein weitere Mann von der Sicherheit wähnte jedoch seine Chance, zum Held zu werden, ergatterte den Ball un beförderte ihn unter dem Jubel der 50.000 Menschen zurück in die Masse.
Daraufhin setzte der erste Sicherheitsmann alles daran, wieder in Besitz des Balles zu gelangen. Als es soweit war ließ er sich ein weilchen bitten, um denn Ball dann unter Applaus zurückzugeben.“
Dann sagte er zu einem weiteren seiner Kollegen: „Musst du auch mal machen. Lass dich ein bisschen Feiern.“