Apropos anrufen. Es ist interessant, wie berechenbar viele Leute am Telefon sind. Man kann häufig ziemlich genau vorhersehen, was oder wie sie es sagen werden. Warum, weiß der Geier. Aber das muss wohl so. Das erleichtert die Kommunikation.
Beispiele:
Lotta zum Beispiel. Wenn man sie anruft ist irgendeiner der ersten Sätze „Ich wollte dich auch gerade anrufen.“
Uke kommentiert unangenehme Passagen gerne mit „Du Sack“ (wenn er einen nicht schon so begrüßt hat) oder „Lüüüge!“.
Bei Carolin ist es weniger das, was sie sagt, sondern das, was sie tut. Sie fängt nämlich immer an zu essen. Dann sagt sie meist gar nichts mehr.
Joachim streut immer eine Unmenge an abwegigen und mäßig interessanten Informationen ein. Das tut er zwar im Gespräch von Angesicht zu Angesicht auch, jedoch muss er am Telefon (wie übrigens auch beim Schriftverkehr) auf die Unterstützung von Gestik und Mimik verzichten, was sich im gesteigerten (aber leichter steuerbaren) Fluss abwegiger Informationen äußert.
Frieso redet am Telefon häufig eine halbe Oktave höher als normal und unterstreicht Aussagen mit einem dümmlichen Lachen. Das lässt dann leider auch die klügsten Erkenntnisse seinerseits sehr beschränkt erscheinen. Gerade am Telefon.
Moritz sagt am Telefon fast gar nix oder brummelt nur ‚rum. Der telefoniert wohl nicht gerne mit mir.
Hannes redet eigentlich immer nur Stuss (das ist zwar vorherzusehen, aber nicht genau worüber er denn nun referieren wird). Das hat allerdings die Ursache, dass er immer (immer!) pennt, wenn man bei ihm anruft. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Dann wird er kaltblütig von seiner Familie geweckt und man hat einen Halbschlaf-Hannes an der Strippe. Hannes erinnert sich auch regelmäßig nicht mehr so genau daran, über was man mit ihm am Telefon geplaudert hat. Nicht selten schon nach zwei Sätzen.
Ich selber… Nun, von meiner Seite der Strippe aus gesehen, neige ich am Telefon zu unterdrückten cholerischen Anfällen. Wie die am anderen Ende der Leitung ankommen, kann ich schlecht beurteilen.
Früher gab es da noch eine andere Komponente. Nämlich die zwischengeschaltete Station „Mutter“ zwischen dem Anrufer und dem Ziel des Anrufs. Wenn ich zum Beispiel früher meinen Kollegen Heiner angerufen habe und zunächst seine Mutter an der Strippe hatte, konnte ich mir sicher sein, dass er mit einem sympathischen, aber durchdringenden „Heinäääää!“ ans Telefon gerufen wurde.
Bei Jaochim war das auch immer interessant. Nach zwei vergeblichen Rufen hörte man seine Mutter immer genervt die Treppe hochstapfen und ihn schließlcih anfahren, dass er gefälligst die Musik leiser machen soll…
Meine Mutter hingegen hatte die Angewohnheit, Anrufer in kurze aber verstörende Diskussionen zu verstricken, bis sie zu mir durchgedrungen waren. Das passiert sogar mir immer noch mal wieder, wenn ich zuhause anrufe…