An Halloween hab ich ja noch meine Vorfahren verpasst, aber heute hatte ich eine kleine Unterhaltung mit einem solchen. Ich traf einen alten Friesenfürsten, ein Ahn mütterlicherseits.
„Moin“, sagte er, als er unvermittelt bei mir auftauchte.
„Moin“, sagte auch ich und hoffte auf eine großartige Prophezeihung oder einen Tipp, wo ein großer Schatz versteckt sei.
Aber er wollte offenbar nur ein wenig Smalltalk betreiben. Er war wohl kürzlich (was auch immer das bei so jemandem heißen mag) in der Oper gewesen und erzählte lebhaft. Die Ortrud, die sei ja eine klasse Frau gewesen, brachte er zwischen einigen Bissen (er aß mit Hingabe meine Mandarinen) hervor. Die hätte er „zu seiner Zeit“ ja gerne mal kennengelernt.
Ich hörte eine ganze Weile geduldig zu, lauschte mehr oder weniger interessanten Anekdoten. Er sprach besonders gerne über Krieg, Fressen, Saufen und Weiber. „Weißt du, mein Junge“, sagte er, „wenn man kein Friesenmädchen bekommen kann, dann sind Wikingerfrauen eine gute Wahl.“
Damit leitete er nahtlos über: „Das war immer ein Spektakel. Erst haben wir uns mit ihnen gehauen, dann haben wir ihnen ihre Frauen weggenommen.“ Als die Mandarinen alle waren, widmete er sich einer Tüte mit Keksen und trank den frisch gebrühten Tee aus der Kanne. Aus Höflichkeit, wie er versicherte. Er sei nun mal etwas grobschlächtig und habe Angst, meine guten Tassen zu ruinieren. Also aß und trank er.
Irgendwann sah er aus dem Fenster und bekundete, er müsse nun wieder los. Was er überhaupt bei mir gewollt habe, fragte ich noch. Er winkte ab. „Nichts Wichtiges.“ Er habe nur seinen Schwager beim Plytenberg abgesetzt, mit dem er Angeln gewesen sei. Da er nichts gefangen habe, sei er halt ein wenig hungrig gewesen.